Zeitlos schrecklich und tief sind die Ängste Franz Kafkas. Die Gedanken von Kafkas Baubewohner offenbaren ein von Vorurteilen geprägtes manisches Sicherheitsbedürfnis, das dieser Tage wieder durch die Köpfe und Diskurse geistert und unmenschliche Konsequenzen hat. Der Baubewohner weiß, was richtig und falsch ist. Mit seiner Stirn hat er sich ein Paradies in den Waldboden gegraben und lebt dort in sicherer Entfernung zur Gesellschaft.
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»Dein Haus ist geschützt, in sich abgeschlossen. Du lebst in Frieden, warm, gut genährt, Herr, alleiniger Herr über eine Vielzahl von Gängen und Plätzen, und alles dieses willst du hoffentlich nicht opfern, aber doch gewissermaßen preisgeben.« Ausbesserungsarbeiten und genüssliches Flanieren durch die Vertrautheit seiner Gänge und Plätze bestimmen das Dasein des Baubewohners. In der Ruhe seiner Behausung kann er aufatmen, kann in wohligen Schlaf sinken auf seinen angesammelten Vorräten. Er ist stolzer Herrscher des selbsterschaffenen Reichs, Erbsenzähler und Medium flirrender Angst in allen Schattierungen. So sehr er sie ignorieren will – es gibt sie doch, die Welt dort draußen. Sie werden kommen. Sie wollen ihn, sie wollen teilhaben an seinem Wohlstand, ihn vernichten. Doch wer ist »er« und wer sind »sie«?
Ein hypnotisierender Theaterabend über Isolation, Angst, Einsamkeit, über die Schwierigkeiten, heimisch zu sein, wenn man den Anderen misstraut und Kontrolle für das Wichtigste im Leben hält.
Quelle: Societätstheater